Sonntag, 28. Juni 2009

Meister Eckhart aus asiatischer Sicht

Hee-Sung Keel, Meister Eckhart – An Asian perspektive, Louvain: Peters Press 2007:


 

Schon das Vorwort weckt Neugierde. Der Autor stellt sich als Koreaner vor, der, aus evangelikalem Elternhaus stammend, vergleichende Religionswissenschaft studiert hat, nach zwei Werken über einen koreanischen und einen japanischen Zen-Meister des 12. Jahrhunderts nun ein Buch über Meister Eckhart vorlegt. Er möchte demonstrieren, dass eine breite spirituelle Einheit die Lehre Eckharts mit einem "allgemeinen" östlichen philosophisch-religösen Denken verbindet. Er hat dabei die Hoffnung, die Möglichkeit einer Begegnung zwischen buddhistischem und christlichem Denken aufzuzeigen. Er lässt aber keinen Zweifel daran, dass dies ein Buch über Meister Eckhart ist, aus "asiatischer Perspektive" geschrieben, aber kein Buch über östliches Denken (S. XI). In der Tat kennt sich der Autor mit dem aktuellen Stand der Eckhart-Forschung gut aus. Die Hinweise auf asiatisches Denken hält er absichtlich ziemlich allgemein. Er zieht zum Vergleich verschiedene Lehrer aus der indischen, koreanischen, chinesischen und japanischen Kultur heran.

In der Einführung (S. 1–21) erläutert er, warum Eckhart eine Hilfe in der gegenwärtigen Krise des Christentums sein kann. Im Wesentlichen ist das, in Keels Sicht, was Eckhart mit der asiatischen Spiritualität gemeinsam hat, und das sieht er als so gravierend an, dass er Eckharts Lehre sogar als "asiatisches Christentum" bezeichnet. Als die im westlichen Christentum selbst begründeten modernen Schwierigkeiten untersucht er das biblische Gottesbild eines welttranszendenten Gottes, das schon die Grundlage der Verbannung Gottes aus der Welt und damit die Wurzel des Atheismus in sich enthalte, damit zusammenhängend, die Vorstellung eines personalen Gottes, der heimlich in die Geschicke der Menschen eingreift und heilsgeschichtlich die Welt leitet. Demgegenüber sei Eckharts Konzept der umfassenden gott-menschlichen Einheit, die Konzentration auf das innere Geschehen der Gottesgeburt und damit einhergehend die allumfassende Emanation und Rückführung der Schöpfung für den modernen Menschen hilfreich.

Als Hauptaufgabe eines modernen Christentums sieht Keel die Heilung des Bruchs zwischen der Welt und den übernatürlichen Wesensannahmen und darin zugleich eine Wiederbelebung der christlichen Spiritualität. Dazu sei kein westlicher Theologe besser geeignet als Meister Eckhart.

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